Filmprojekt – sträwkcüR

Filmprojekte mit Schüler:innen zu planen und durchzuführen macht in erster Linie richtig viel Spaß! Die Möglichkeiten kreativ zu sein und eigene Ideen umzusetzen sind sehr vielfältig und jede/r findet eine Möglichkeit zu einem eigenen Ergebnis zu kommen.

In diesem Beitrag möchte ich dir meine Idee zum Filmprojekt sträwkcüR vorstellen, das ich bereits mit unterschiedlichen Klassenstufen (SBBZ Lernen) und auch mit Lehramtsanwärter:innen (#sopaed) durchgeführt habe.

Filmprojekt – worauf kommt es an?

Damit ein Filmprojekt gelingen kann muss man ein paar Dinge beachten – einfach die Kamera draufhalten und losfilmen klappt in den seltensten Fällen wirklich gut.

Aus meiner Erfahrung der letzten Jahre und der Durchführung vieler Filmprojekte, haben sich folgende Punkte herauskristallisiert:

  • Vorwissen der Schüler:innen einbeziehen, jedem/ jeder die Möglichkeit geben sich aktiv einzubringen
  • Sich an den Interessen der Schüler:innen orientieren
  • Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen
  • Allen ermöglichen zu einem konkretem Ergebnis zu kommen (z.B. kurzer Film/ Trailer)
  • Arbeiten in (Klein-) Gruppen, Rollen erarbeiten und passend verteilen
  • Inhaltlichen Rahmen (grob) abstecken
  • Methodischen Rahmen konkret abstecken
  • Technische Vorbereitungen treffen (genug Geräte, Apps installieren …)
  • Organisatorische Vorbereitungen treffen (genügend Zeit, Räume, Zubehör)

Natürlich kann man das auch offener gestalten. Vor allem im Kontext des SBBZ Lernen habe ich mich aber im Sinne eines projektartigen Unterrichts dafür entschieden bestimmte Dinge (methodischer, inhaltlicher, organisatorischer Rahmen) vorzugeben, um die Schüler:innen nicht zu überfordern.

Was ist „sträwkcüR“?

sträwcküR = Rückwärts

Bei diesem Projekt steht die Welt auf dem Kopf, bzw. sie läuft rückwärts! Wie sehen eigentlich alltägliche Bewegungen und Abläufe aus, wenn man sie einfach umdreht?

In diesem Filmprojekt geht es darum, genau das herauszufinden und gemeinsam mit den Schüler:innen auf kreative Art und Weise sichtbar zu machen.

Gleichzeitig bildet das auch schon den inhaltlichen Rahmen des Filmprojekts. WAS die Schüler:innen am Ende konkret filmen und WIE sie das am Ende als Film verarbeiten bleibt weitestgehend offen.

Ziele des Projekts

  • Film abdrehen, schneiden, vertonen und teilen
  • Jeder/ jede hat am Ende ein eigenes, individuelles Ergebnis
  • Kreatives Arbeiten ermöglichen
  • Teamfähigkeit stärken
  • Planungsfähigkeit stärken
  • Probleme selbstständig lösen
  • Eigenen Arbeitsprozess (weitestgehend) steuern und reflektieren
  • Selbstständiges Arbeiten
  • Umgang mit dem iPad und notwendigen Apps
  • Grundlagen des Filmschnitts beherrschen (iMovie)
  • Urheberrechtliche Aspekte kennen und berücksichtigen
  • Ermöglichen von Selbstwirksamkeitserfahrungen, stolz auf das eigene Ergebnis sein!

Ergebnisse

Die Teams haben die Aufnahmen gemeinsam geplant und umgesetzt. Vorgabe war es aber, dass jeder/ jede am Ende einen eigenen Film erstellt hat. Die von der Gruppe gefilmten Sequenzen also z.B. in eigener Reihenfolge, mit eigenen Übergängen, mit anderer Hintergrundmusik, mit selbst gewählten Effekten […] versieht und so zu einem ganz individuellen Ergebnis kommt.

Hier ein paar Ergebnisse:


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Beispiel von Schülern aus Klasse 8

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Beispiel eines Schülers aus Klasse 6

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Beispiel Lehramtsanwärter:innen

Projektverlauf

Im Folgenden stelle ich dir vor, wie das Projekt ablaufen könnte. Ich selbst habe es schon mehrfach am SBBZ Lernen Klasse 5-9 und mit Lehramtsanwärter:innen im Seminar durchgeführt. Der Ablauf ist exemplarisch und kann natürlich auf die eigene Klasse, Schulart und die Lernvoraussetzungen der Schüler:innen angepasst werden.

1. Allgemeines

  • Man braucht ausreichend Zeit für Planung und Erstellung.
  • z.B. an Projekttagen oder zu regelmäßigen Unterrichtszeiten (in einem Fach oder einer AG)

2. Vorbereitungen

  • Technik: ein iPad pro Schüler:in (oder Gruppe), notwendige Apps installieren (iMovie, Video Rückwärts Editor)
  • Equipment: z.B. Stative für iPads, ggfs. Beleuchtung
  • Materialien für Szenen organisieren oder von Schüler:innen mitbringen lassen: z.B. Papier, Stifte, Gummis, Bälle, Luftballons, Wasserbomben …
  • Methodischen und inhaltlichen Rahmen festlegen
  • Ziele des Projekts festlegen
  • Orga: einen oder mehrere Räume organisieren, oder Ort draußen suchen

3. Einführung

Das Thema sollte nicht einfach verraten werden. Ich mache hier zu Beginn immer einen stummen Impuls mit den Schüler:innen. Die Kärtchen liegen falsch herum (sträwcküR) und die Klasse soll selbstständig darauf kommen, die eigenen Vermutungen aber noch für sich behalten. Sollten niemand darauf kommen kann man die Symbole (Kamera und Rückwärts-Pfeil) dazulegen. Sollte dann immer noch keiner darauf kommen, kann man beginnen die Reihenfolge der Buchstaben Stück für Stück zu verändern.

Beispiel für einen stummen Impuls

4. Gruppeneinteilung

Dieser Schritt ist sehr wichtig für den weiteren Verlauf des Projekts!

  • Damit sich alle möglichst aktiv in das Projekt einbringen können sollten die Gruppen nicht zu groß sein. Ich arbeite meistens in 3er oder 4er Teams.
  • Die Zusammensetzung der Gruppen sollte man nach pädagogischen, motivationalen Gründen oder den individuellen Voraussetzungen der Schüler:innen entsprechend festlegen.
  • Innerhalb der Gruppen sollten Rollen festgelegt werden (z.B. Regisseur:in, Kamerafrau/ -mann, Schauspieler:innen …), die entweder fest bleiben oder im Laufe des Projektes gewechselt werden können.

5. Testlauf

Es hat sich gezeigt, dass es relativ schwierig ist dann direkt in die Planung des eigenen Films zu gehen. Der Umgang mit dem iPad ist noch nicht allen klar, das Bedienen der Rückwärts App sollte gezeigt werden und vor allem: noch haben die Wenigsten eine Vorstellung davon, welche Vorgänge rückwärts tatsächlich eindrücklich aussehen würden.

Daher empfiehlt sich ein Testlauf!

  • Üben mit dem iPad zu filmen (Kamera App bedienen, Stativ verwenden …)
  • Erste Sequenzen filmen und rückwärts abspeichern
  • Erste erstellte Sequenzen betrachten, reflektieren und ggfs. neue Ideen entwickeln.

Wie selbstständig die Schüler:innen diesen Testlauf machen, hängt von der Klasse und den Lernvoraussetzungen ab. Ich persönlich arbeite hier häufig mit einer direkten Instruktion: vorstellen, vormachen, gemeinsames angeleitetes Üben, gemeinsames Reflektieren …

Die Ergebnisse des Testlaufs kann man dann auch wieder in die Gruppe einspielen und besprechen.

6. Planungsphase

  • Damit die Schüler:innen dann nicht einfach drauf los filmen, ist eine Planungsphase sehr wichtig.
  • Hier sollte die Gruppe sich überlegen, WAS sie WO filmen möchte und WELCHES Zubehör evtl. benötigt wird.
  • Diese Überlegungen können in einem Storyboard grafisch oder schriftlich festgehalten werden.
  • Wie ausführlich man diese Planungen macht hängt von der Projektgruppe und dem Thema ab. Bei diesem Projekt kann man die Planung kurz halten und die Ideen z.B. in einer kleinen MindMap sammeln.

7. Filmsequenzen erstellen

  • Es folgt eine lange Arbeitsphase (90 min +), in der die Kleingruppen selbstständig Filmaufnahmen erstellen.
  • Die Lehrkraft kann die Schüler:innen bedarfsgerecht unterstützen und leitet zum selbstständigen Problemlösen an.
  • Falls notwendig kann man sich zwischendurch in der Großgruppe treffen und über neue Erkenntnisse berichten oder auftretende Probleme gemeinsam lösen.
  • Ziel: jede Gruppe erstellt mindestens 5 kurze Filmsequenzen, die Gruppe teilt die erstellen Szenen miteinander, sodass am Ende jeder alle Sequenzen auf dem eigenen iPad hat.

8. Filmschnitt

Bevor man solche Projekte mit iPads durchführen konnte, war die Technik und die Software zum Schneiden aus Schüler:innensicht meistens relativ kompliziert. Bei Filmprojekten war die Lehrkraft häufig bei vielen Schritten sehr aktiv beteiligt, wie z.B. beim Filmen mit der Kamera und beim (häufig nachträglichen) Schneiden des Films.

Das sollte unbedingt vermieden werden!

Mobile digitale Endgeräte wie iPads ermöglichen es den Schüler:innen das gesamte Projekt sehr selbstständig durchzuführen, vom Filmen über den Schnitt bis zur Vertonung. Dem Filmprojekt kommt nochmal eine ganz andere subjektive Bedeutung zu, wenn ich von Anfang an alles selbstständig durchgeführt habe. Ein Stück weit differenziert sich der Arbeitsprozess hier selbstständig, da die Schüler:innen die einzelnen Schritte unterschiedlich komplex planen und durchführen werden.

So sind auch die Ergebnisse am Ende sehr unterschiedlich – was aber Sinn und Zweck des Projektes ist!

Auf dem iPad schneiden wir Filme mit iMovie (kostenlos, meistens schon vorinstalliert). Diese App ist sehr übersichtlich und einfach in der Bedienung. Fortgeschrittene Benutzer:innen können hier zusätzlich tolle Effekte (wie z.B. Splitscreen, Green Screen, Toneffekte …) einfügen.

Bisher konnten alle Klassenstufen (auch im Kontext #sopaed), mit denen ich das Projekt durchgeführt habe problemlos mit der App arbeiten.

Screenshot iMovie auf dem iPad

Das Schneiden sollte auf jeden Fall (kurz) eingeführt und gemeinsam an einem Beispiel geübt werden. Ich stelle den Schüler:innen meistens ein Video zur Verfügung, in das ich schreiende Ziegen reingeschnitten habe und sie sollen diese dann wieder entfernen 🙂

Wichtig: für das Projekt benötige ich nicht alle Funktionen der App. Es macht also natürlich Sinn, nur die einzuführen, die ich auch brauche. Sollte sich weiterer Bedarf bei einzelnen Schüler:innen ergeben, kann ich diesen im individuellen Gespräch auffangen.

Zusätzlich kann man auch mit einfachen (ggfs. selbst erstellten) Tutorials arbeiten, damit sich fortgeschrittene Schüler:innen die Funktionen selbstständig erarbeiten können


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Tutorial iMovie

8. Hintergrundmusik einfügen

Die Wirkung der Filme hängt ganz stark von der verwendeten Hintergrundmusik ab. In iMovie gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Musik von iMovie verwenden
  2. Musik aus externen Quellen einfügen

Wichtig ist in jedem Fall, dass die Filme keine Urheberrechte verletzten, damit man sie später veröffentlichen kann! Man sollte daher immer auf OER Musik zurückgreifen und diese entsprechend im Video kenntlich machen (z.B. im Abspann).

Und so fügt man das Ganze dann im eigenen Projekt ein:


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Anleitung – OER Musik in iMovie einfügen

9. Projektabschluss

Wenn alle Filme fertig sind, sollten diese exportiert und von der Lehrkraft an einem zentralen Ort gesammelt werden.

Die Filme sollten zum Abschluss des Projektes unbedingt innerhalb der Großgruppe gezeigt und gewürdigt werden! Die Schüler:innen sind in der Regel sehr stolz auf das eigene Werk und wollen das auch vor den anderen zeigen.

Diese Phase ist daher sehr wichtig und darf auf keinen Fall aus Zeitgründen wegrationalisiert werden!

Lieber in der Arbeitsphase etwas kürzen, dann sind die Filme zwar kürzer, aber ich habe dennoch ein konkretes Ergebnis.

10. Veröffentlichung

Das ist ein KANN und kein MUSS und hängt davon ab, ob die Schüler:innen das möchten und ob die Eltern zustimmen. In jedem Fall sollte eine schriftliche und anlassbezogene Einverständniserklärung eingeholt werden, auf der eindeutig hervorgeht, wo die Filme gezeigt oder hochgeladen werden sollen.

Da die Filme in der Regel die Schüler:innen zeigen und somit eindeutig personengezogene Daten enthalten, muss man diesen Schritt vor einer möglichen Veröffentlichung sauber klären.

Ich hoffe du konntest Ideen für dich mitnehmen! Wenn du das Projekt bei dir durchführst würde ich mich über Erfahrungen oder auch Links mit Ergebnissen in den Kommentaren oder per Mail sehr freuen!

PS, @loomite

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